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(01/16) Stellungnahme des Hochschulverbands für interkulturelle Studien e.V. zur Flüchtlingsthematik an Hochschulen

Die Anteilnahme und Hilfsbereitschaft, die sich in der deutschen Bevölkerung angesichts der Flüchtlingssituation zeigt, ist überwältigend. Die vielen professionellen und freiwilligen Helfer und Helferinnen leisten Großartiges.
07/03/2016
Viele von ihnen sind jedoch zu wenig auf die kulturellen und menschlichen Herausforderungen vorbereitet. So kann es beidseitig zu fehlendem Verständnis kommen, aufgrund der unterschiedlichen Kultur von Helfern und Geflüchteten. Hier gilt es, mit professioneller interkultureller Begleitung sicher zu stellen, dass die Risiken minimiert und die Chancen kultureller Diversität nachhaltig gesichert werden können. Für diese Maßnahmen müssen dringend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden.
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Der Hochschulverband für interkulturelle Studien e.V. ist ein Netzwerk von Hochschullehrerinnen und -lehrern, die sich an deutschsprachigen Universitäten und Hochschulen in Forschung und Lehre mit Fragen des Umgangs mit kultureller Vielfalt und Fremdheit, sowie mit Fragen der Gestaltung von Integration in unterschiedlichen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten beschäftigen. Der Hochschulverband ist in der Lage, Wissen und Ressourcen bereitzustellen, welche zur Bewältigung der Herausforderungen, resultierend aus der Flüchtlingssituation, gebraucht werden.
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Drei Gegenstandsbereiche stehen dabei im Vordergrund:
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1. Stärkung interkultureller Kompetenzen von ehrenamtlichen und professionellen Helfern in der Flüchtlingsarbeit
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Vordringlich sind Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in interkultureller Sensibilisierung und interkultureller Kompetenz. Die Maßnahmen müssen je nach Bedarfssituation gezielt zugeschnitten und flexibel angeboten werden, wofür die im Hochschulverband verfügbaren Ressourcen eine gute Voraussetzung darstellen. Der Hochschulverband setzt sich derzeit bundesweit dafür ein, dass an den Brennpunkten ein entsprechendes Angebot bereitgestellt wird.
Außerdem geht es darum, Orientierungswissen zur Verfügung zu stellen. Der durch Migration verstärkte gesellschaftliche Wandel kann kurz- und mittelfristig erhebliche Verunsicherung und Orientierungslosigkeit verursachen, wodurch die Gefahr zunimmt, dass Sicherheit und Orientierung in populistischen Ab- und Ausgrenzungs-Konzepten gesucht wird. Hier kann der Hochschulverband helfen und Zuversicht geben, mit wissenschaftlich fundierten Argumenten und alltagsverständlich.
Mit der gerade begonnen Initiative „Flüchtlingshilfe: Freiwilligen Helfern helfen“ werden beispielsweise Dozenten und Dozentinnen unterstützt, die an Hochschulen kostenlos interkulturelle Weiterbildungskurse für freiwillige Helfer anbieten (vgl. www.intercultural-campus.org).
Der Hochschulverband empfiehlt, unbürokratisch und zügig Mittel zur Verfügung zu stellen, um mitarbeitende Flüchtlingsorganisationen durch interkulturelle Trainings zu unterstützen.
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2. Trainings und Studienangebote für Zugewanderte
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Um sich in Deutschland integrieren zu können, müssen Zugewanderte mehr als nur die deutsche Sprache lernen. Sie müssen auch lernen, die eigenen Kulturstandards zu relativieren, die für sie oft fremden Wertvorstellungen und unverständlichen Gepflogenheiten und Regeln zu verstehen, um mit ihnen umgehen zu können. Nur so kann die kulturelle Diversität der Zugewanderten von ihnen selbst bewusst wahrgenommen und in die deutsche Gesellschaft eingebracht, sowie als Potenzial im Arbeitsleben genutzt werden.
Der Hochschulverband empfiehlt, Zugewanderten kurzfristig in breitem Umfang Zugang zu interkulturellen Trainings zu ermöglichen und mittelfristig an Hochschulen bedarfsgerechte flexible Studienangeboten für Zugewanderte zur Erweiterung ihrer sprachlichen und interkulturellen Kompetenzen, sowie zur fachspezifischen Nachqualifizierung zu fördern.
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3. Begleitende Forschung ermöglicht Weitsicht
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Drittens ist Forschung nötig. Mit der verstärkten Zuwanderung nimmt die Pluralität von Perspektiven, Einstellungen, Werteorientierungen und Lebenswelten zu und damit auch die Allgegenwart, Komplexität und Vielfalt interkultureller Interaktion. Es gilt sowohl die Ansichten der Akteure, als auch konkrete Fragen bzw. Probleme und deren Lösung in Zusammenarbeit mit Flüchtlingen zu ermitteln.Der Hochschulverband empfiehlt hier die Sicherstellung einer zügigen und unkomplizierten Forschungsförderung, die eine interdisziplinäre Erfassung dieser neuartigen Phänomene ermöglicht.
Wir sind überzeugt, dass die sogenannte „Flüchtlingswelle“, die Zuwanderung vieler Menschen aus anderen Kulturen, hinsichtlich der demographischen und ökonomischen wie auch der sozialen und zivilgesellschaftlichen Situation langfristig eine enorme Bereicherung darstellt. Die Chancen, dass sich auf Grund verstärkter Zuwanderung eine tolerante, diversitätsoffene Gesellschaft entwickelt, stehen sehr gut. Hierfür ist es jedoch notwendig, sowohl neue Forschungsprojekte zu spezifischen Themen der Zuwanderung auszuschreiben, als auch flächendeckend Mittel für interkulturelle Trainings und Studienangebotefür bereit zu stellen.
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Gez.: Der Vorstand des Hochschulverbands für interkulturelle Studien e.V.: Prof. Dr. Jutta Berninghausen, HS Bremen; Prof. Dr. Jürgen Bolten, FSU Jena (Vorsitz); Prof. Dr. Dominic Busch, UniBW München; Prof. Dr. Katharina von Helmolt, HS München; Prof. Dr. Alois Moosmüller, LMU München (stellv. Vorsitz).
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Kontakt:
Prof. Dr. Katharina von Helmolt, Hochschule München, E-Mail: von-helm@hm.edu , Tel.: 0176 38086567