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Grain-Size-Engineering

INFEROX-Projekt forscht nach den Eigenschaften ferroelektrischer Materialien
10/06/2016
Große Freude in der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Alfred Kersch von der Fakultät für angewandte Naturwissenschaften und Mechatronik: So eben wurde das Projekt INFEROX, das er seit drei Jahren betreut, ohne Mittelkürzung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft verlängert. Somit steht einer zusätzlichen Promotionsstelle nichts im Weg. Bisher arbeiten in dem bundesweit operierenden Projekt von Seiten der HM die Doktoranden Robin Materlik und Christopher Künneth mit. Während hier vor allem Computer-Simulationen durchgeführt werden, betreuen die Partner der TU Dresden und RWTH Aachen die Proben mit ferroelektrischen Daten.
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INFEROX oder auch…
…inzipiente Ferroelektrika auf Basis von Hafniumoxid. Zur Erklärung: Hafniumoxid (HfO2) und das chemisch wenig zu unterscheidende Zirkonoxid (ZrO2) sind oxidkeramische Materialien mit einer Vielzahl von Anwendungen in der Mikro- und Nanotechnik. Ferroelektrika ist eigen, dass sie permanente elektrische Dipole ausbilden, ähnlich wie Magneten magnetische Dipole ausbilden. Damit lassen sich binäre Informationen speichern. Inzipient sind die Materialien deshalb, weil sie nur bei Zugabe von speziellen Dotierstoffen ferroelektrisch werden.
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Millionen Rechnerstunden
Die Doktoranden benutzen für ihre Forschungstätigkeit vor allem atomistische Modelle der Materialien, die mit unterschiedlichen Dotierstoffen aufgestellt sind. Die Simulationen bearbeitet der SuperMuc des Lernrechenzentrums in Garching, einem der größten Computer Deutschlands. Denn der Rechneraufwand ist riesig – lohnt sich aber den Worten von Prof. Kersch nach: „In München haben wir herausgefunden, dass die ferroelektrischen Eigenschaften in der Regel nur bei Nanokristallen in einer Größe von etwa zehn nm auftreten können. Das liegt daran, dass die Oberflächenenergie die ferroelektrische Kristallphase stabilisiert. Mit diesem Wissen können wir ‚grain size engineering‘ betreiben, das heißt, wir können aus Körnern mit dem kritischen Oberflächen-zu-Volumen-Verhältnis viel dünnere und viel dickere ferroelektrische Schichten herstellen als bisher.“
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Wem gilt der Nutzen?
Viele große Halbleiterhersteller arbeiten inzwischen an dieser Technologie. Der sechs nm kleine HfO2 Kondensator in einem ferroelektrischen Feldeffekttransistor könnte den Weg zu kleineren nichtflüchtigen Speichern eröffnen, da die Flash Technologie mit 20 nm an ihre Grenzen gestoßen ist. Die mit mehreren 100 nm sehr dicken ferroelektrischen Schichten sind dagegen für Sensoren und Aktoren interessant. Als piezo- oder pyroelektrische Keramik haben die Materialien den zusätzlichen Vorteil, bleifrei zu sein. Und noch etwas kommt hinzu: mit Silizium dotiertes HfO2 hat pyroelektrische Eigenschaften mit Weltrekord-Werten.
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Prof. Dr. Alfred Kersch / Kathrin Resch / Sara Magdalena Schüller