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Machine Learning meets Computer Vision

CORSNAV-Team findet Altlagerstätten in Tschernobyl mithilfe drohnenbasierter Laserscanning-Technik
30/11/2017
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Am 26. April 1986 ereignete sich am KKW Tschernobyl ein schweres Atomunglück mit katastrophalen Folgen. Unter anderem wurde ein Gebiet mit einem Radius von circa 30 Kilometern so stark kontaminiert, dass es evakuiert wurde und heute noch eine Sperrzone ist. Innerhalb der Sperrzone wurden im Zuge der nachfolgenden Unfall-Liquidation in besonders hoch verseuchten Gebieten die kontaminierte Biomasse und der kontaminierte Oberboden vergraben, um die radioaktive Strahlungsbelastung um Größenordnungen zu reduzieren.
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Umgang mit Strahlung
Wie soll man mit der verbleibenden Strahlung umgehen? „Es wird noch 300 Jahre dauern, bis die derzeit dominierenden kurzlebigen Radioisotope Cs-137 und Sr-90 weitgehend zerfallen sind“, sagte Dr. Norbert Molitor, der hier seit über 20 Jahren als Experte arbeitet. Der Auftrag für die Entwicklung und Umsetzung von Sanierungskonzepten für den Havarie-Reaktor und die kontaminierten Gebiete erfolgt in Rahmen von verschiedenen Programmen der Ukraine, der EU sowie der G7-Staaten, für die er tätig ist.
Aktuell wird das vergrabene Inventar durch die staatlichen Unternehmen für radioaktives Abfallmanagement systematisch untersucht, wobei nicht nur die noch vermuteten bzw. unbekannten Altablagerungen – z.B. im Bereich des ehemaligen „Roten Waldes (Lyzhi Res) – aufzudecken sind, sondern auch die seit der Unfall-Liquidation nachgewachsene Biomasse kartiert werden muss. „Hierfür benötigen wir eine möglichst präzise 3D-Kartierung der Bäume und der Bodenstrukturen. Dann könnten außer dem vergrabenem Inventar selbst z.B. auch die Auswirkungen von Waldbränden oder Tornados besser berechnet werden.“
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3D-Kartierung mit Drohne und Laserscanner
In einem Feldversuch in der Tschernobyl-Sperrzone konnte nun ein Team um die Professoren Peter Krzystek (Fakultät für Geoinformation) und Karl Siebold (Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik) nachweisen, dass die Altablagerungen und die einzelnen Bäume mit innovativen bodennahen Fernerkundungsmethoden aus Drohnen, Sensoren und Auswertemethoden hochgenau erkundet werden können. „Wir konnten auf Anhieb mit einem auf einem Octocopter montierten Laserscanner bisher noch nicht beschriebene Gräber detektieren und lokalisieren sowie die Baumlandschaft dreidimensional hochgenau rekonstruieren. Hier verwenden wir neben üblichen Auswertemethoden unser Know-how einer neuartigen Baumsegmentierung“, so Prof. Dr. Peter Krzystek. „Die neuartigen Fixed-Wing-Drohnen der Firma Quantum Systems sind extrem flexibel, starten und landen wie ein Hubschrauber und gehen dann in den Vorwärtsflug über. Innerhalb von 45 Minuten konnten wir mehrere Quadratkilometer überfliegen und Daten mit unseren Sensoren aufnehmen“, fügt sein Kollege Prof. Dr. Karl Siebold hinzu.
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Nach diesem erfolgreichen Proof of Concept finden bereits Planungen statt, um weitere Gebiete in der Sperrzone von Tschernobyl zu kartieren. Die beiden Professoren leiten das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte interdisziplinäre Forschungsprojekt GeoFlyer „Optimierung der Flugökonomie eines ‚Remotely Piloted Aircraft System‘ (RPAS) zur Kartierung von entfernten Katastrophen- und Risikogebieten unter Berücksichtigung von Flugsicherungsaspekten“ und betreuen die beiden Doktoranden M.Sc. Sebastian Briechle und M.Sc. Benjamin Bachmaier im Rahmen einer kooperativen Promotion. Das Team wird noch unterstützt von B.Sc. Niclas Purger, der als studentische Hilfskraft praktische Erfahrung auf diesem innovativen Forschungsthema sammelt.
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Prof. Dr. Peter Krzystek / Mirja Fürst