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Meditation and Art

Den großen Werken der Malerei näherkommen
18/12/2018
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Für Prof. Dr. Andreas de Bruin verbirgt sich in den Werken der Alten Meister eine tiefe Weisheit, die mit bestimmten Methoden wie beispielsweise einer meditativen, achtsamen Bildbetrachtung erschlossen werden kann. Auf dem internationalen Kongress "Museum Guides Now!" des Amsterdamer Rijksmuseums hat er 2017 sein Konzept "Meditation and Art" erstmals vorgestellt. Seit dem Wintersemester 2018/19 ist dieser Ansatz als Lehrveranstaltung an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften und in "Courses in English" implementiert.
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Herr Professor de Bruin, worum geht es bei "Meditation and Art"?
"Meditation and Art" stellt einen Weg, eine Methode vor, wie man sich den Alten Meistern der Malerei annähern und die innere Architektur ihrer Bilder erschließen kann. Dabei sind Konzentration und Fokussierung wesentliche Voraussetzungen. Ansätze aus dem Bereich Achtsamkeit und Meditation haben sich hierbei als nützlich erwiesen.
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Wie geht man konkret dabei vor?
Es gibt einige Techniken, die hilfreich sind, um in eine Haltung der Gelassenheit, der Achtsamkeit und inneren Ruhe zu kommen, die für die eingehende Betrachtung der Gemälde unerlässlich sind. Das geht schon damit los, dass man sich beim Betreten eines Museums möglichst nicht von den vielen Eindrücken und den Besuchern ablenken lässt. Hier kann die Gehmeditation wirksam sein: Wenn wir zu einem Bild gehen, achten wir auf unsere Füße und auf die Schritte, die wir machen; je konzentrierter und fokussierter wir das tun, desto weniger lassen wir uns von den Geräuschen und Menschen um uns herum ablenken. Beim Bild angekommen widmen wir uns für einige Minuten mit geschlossenen Augen dem eigenen Atem. Erst danach betrachten wir gemeinsam das Bild näher.
In Kleingruppen beschäftigen wir uns mit einem Aspekt des Werkes ausführlicher: zum Beispiel mit den Farben, der Komposition, den Figuren, Gegenständen und Symbolen, mit dem Ausdruck, den Lichteffekten und der Technik. Danach werden alle gefundenen Details zusammengetragen. Statt gleich zu Beginn kunsthistorische Informationen über ein Bild zu erhalten, erarbeiten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich zunächst selbst einen eigenen Zugang zum Bild. Erst danach wird das kunsthistorische Wissen weiter ergänzt: Warum malte Dürer sein Selbstbildnis auf dieser Weise? In welche Lebensphase malte Rembrandt das jeweilige Bild? Wie erkennt man ein Werk von Raffael?
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Was erwartet die Studierenden in den Lehrveranstaltungen?
In den ersten Lehrveranstaltungseinheiten lernen die Studierenden alle Facetten dieses Ansatzes kennen. Im weiteren Verlauf beschäftigen sie sich intensiv mit einem Bild ihrer Wahl, um dann die Gruppe durch dieses Bild zu führen. Neben den unterschiedlichen Bedeutungsebenen eines Werkes, der Ikonologie, lernen sie dabei auch so einiges über das menschliche Denken und Handeln in den jeweiligen Epochen.
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Wie ist die Resonanz auf diesen neuen Ansatz?
Sehr gut! Die Studierenden sind immer wieder erstaunt, wie viel es in einem Bild zu entdecken gibt. Viele berichten, dass sie die Gemälde jetzt ganz anders betrachten und sich dadurch auch im Museum wohler fühlen.
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Das Interview führte Andrea Bistrich