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Erst Handwerk, dann Hochschule

Über die Vorzüge des praxisbezogenen Lernens
27/03/2023
Mehmet Bulut studiert im Bachelor Betriebswirtschaft und Unternehmensführung an der Hochschule München. Angefangen hat er jedoch mit einer Ausbildung im Kraftfahrzeughandwerk. Während der Ausbildung hat ihn der Ehrgeiz gepackt, so dass er direkt den Meister drangehängt hat. In einem Ingenieurbüro arbeitend, machte er darauf einen Master als Betriebswirt nach der Handwerksordnung. Gleichzeitig hielten ihn zuhause zwei kleine Kinder auf Trab. Aktuell studiert er nebenberuflich an der HM und schließt voraussichtlich nächstes Jahr den Studiengang Bachelor Betriebswirtschaft und Unternehmensführung ab.
HM: Welche Bedenken hatten Sie vor dem Studiumsstart? Hat das Wissen, dass Sie einen unüblichen Weg gehen, Sie anfangs gehemmt?
Vor dem Studienstart hatte ich Bedenken, ob ich das alles mit Beruf und Familie vereinbaren kann. Weiterhin fehlten mir die Mathematikkenntnisse, die ich aber in einem 10-tätigen Mathe-Vorkurs nachholen konnte. Dieser Vorkurs ist in Kooperation mit der Hochschule in München für zukünftige Studierende gedacht. Anfangs konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein 10-tätiger Vorkurs ausreichen würde, aber nach der Teilnahme waren meine Bedenken weg.
Das Wissen, dass ich einen unüblichen Weg gehe, hat mich überhaupt nicht gehemmt, da ich vor dem Studienstart schon eine Ausbildung und mehrere Weiterbildungen abgeschlossen hatte. Allerdings hatte ich anfangs immer die Sorge, dass ich keinen Studienplatz bekomme – ich kann mir nicht erklären wieso. Deshalb war es mir wichtig, dass ich erst einmal immatrikuliert werde.
HM: Was war die Motivation das Studium zu starten? Und haben sich die Gründe während des Studiums verändert?
In der Meisterschule und in der Akademie der Handwerkskammer war immer wieder die Rede vom „Lebenslangen Lernen“. Für mich persönlich ist es ein Grundsatz geworden, dass ich immer dazu lernen muss und mich fachlich als auch persönlich weiterbilden möchte. Zusätzlich wollte ich auch beruflich weiterkommen und beschloss, ein Studium anzufangen. Während des Studiums gab es für mich Höhen und Tiefen. Immer kurz vor den Klausuren habe ich es ein wenig bereut das Studium begonnen zu haben, danach sind diese Gedanken aber auch gleich wieder verschwunden. Im Großen und Ganzen bin ich froh darüber, an der HM BWL und Unternehmensführung zu studieren.
HM: Sie haben zwei Kinder zuhause. Wie schaffen Sie es, alles unter einen Hut zu bekommen?
Die Familie, Beruf und Studium unter einem Hut zu bringen war tatsächlich nicht einfach und gewöhnungsbedürftig. Da die Vorlesungen abends und an den Samstagen stattfinden, konnte ich meinen beruflichen Verpflichtungen nachgehen. Nur sonntags hatte ich tatsächlich Zeit für die Familie. An den freien Tagen – wenn ich keine Vorlesungen hatte – habe ich versucht, viel Zeit mit der Familie verbringen. Abends wenn die Kinder schliefen, habe ich ein „Power Nap“ (ca. 15 Minuten) gemacht und mich dann auf die Hausarbeiten oder ins Lernen gestürzt. Die körperliche Aktivität darf auch nicht zu kurz kommen, da man unbedingt einen Ausgleich braucht, um den Kopf freizubekommen.
Das ich das alles tatsächlich unter einen Hut bekommen habe, habe ich meiner Frau zu verdanken, die mich hierbei stark unterstützt hat. Wenn die Kinder mal nachts aufgewacht sind, hat sie immer darauf geachtet, dass ich meinen Schlaf bekomme.
HM: Wo sehen Sie die Vorteile diesen Weg zu gehen? Würden Sie es anderen empfehlen?
Der Weg hat mich um einige Lebenserfahrungen reicher gemacht hat. Außerdem kennt man die Berufswelt viel besser und kann so auch das Studium viel gelassener angehen, da man schon auf eigenen Beinen steht. Auch Probleme mit der Studienfinanzierung sind nach dem Abschluss einer Ausbildung einfacher, da man viel schneller einen Nebenjob findet. In meinem Fall war das Studium sogar berufsbegleitend, sodass ich meinen Arbeitsplatz überhaupt nicht aufgeben musste.
Den Weg würde ich auch anderen empfehlen, die nicht das klassische Abitur gemacht haben, aber trotzdem studieren möchten. Sie müssen ja nicht gleich wie ich mehrere Abschlüsse machen. Eine Ausbildung und im Anschluss eine weitere Fortbildung reichen auch. Das Wichtigste ist die Motivation zum Studieren und ich würde den Vorbereitungskurs für Mathe unbedingt empfehlen. Im Studium bleibt keine Zeit dafür.
Jessica Thalmann