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"Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz" – Rechte kennen, reagieren, unterstützen

Im Workshop mit Kriminologin Kristina Straßburger lernten Teilnehmerinnen rechtliche Grundlagen und entwickelten Handlungsstrategien gegen sexuelle Belästigung.
05/06/2025
Im Rahmen des Bayern-Mentoring-Programms fand am 21. Mai 2025 ein Workshop zum Thema „Sexuelle Belästigung (am Arbeitsplatz)“ an der Hochschule München statt. Die Kriminologin Kristina Straßburger leitete die Veranstaltung und eröffnete mit einem KI-generierten Bild, das den Prompt „sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“ visualisiert: Eine junge Frau mit gequältem Blick, ein älterer Vorgesetzter in aufdringlicher Haltung.
In Wirklichkeit sehen solche Situationen aber oft ganz anders aus. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz betrifft Frauen und Männer – auch Täterinnen gibt es. Oft passiert sie unter Mitarbeitenden auf gleicher Hierarchieebene. Entscheidender als die Position im Unternehmen sind die bestehenden Machtverhältnisse – etwa durch Geschlecht, Alter, Ansehen oder Betriebszugehörigkeit.
Rechtliche Grundlagen und Handlungspflichten für Arbeitgebende
Sexuelle Belästigung ist laut § 3 Abs. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) jedes unerwünschte, sexuell bestimmte Verhalten, das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird – insbesondere, wenn ein von Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung geprägtes Umfeld geschaffen wird.
„Sexuell bestimmt“ bedeutet, dass das Verhalten in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Sexualität steht oder als solches wahrgenommen wird. Entscheidend ist, wie die betroffene Person das Verhalten empfindet – nicht die Absicht der Tatperson.
Wenn Arbeitgebende nicht reagieren
Arbeitgebende sind gesetzlich verpflichtet, ihre Beschäftigten vor sexueller Belästigung zu schützen (§ 12 AGG). Sie müssen Beschwerden ernst nehmen und geeignete Maßnahmen treffen – etwa Ermahnungen, Abmahnungen, Versetzungen oder Kündigungen. Wenn Arbeitgeber keine Konsequenzen ziehen, können Betroffene sich an die zuständige Beschwerdestelle im Betrieb wenden, externe Beratungsstellen zu Rate ziehen oder (mit anwaltlicher Unterstützung) rechtliche Schritte einleiten. Im gerichtlichen Verfahren reicht es aus, den Vorfall glaubhaft darzulegen. Dann muss die Gegenseite beweisen, dass keine Belästigung stattgefunden hat (§ 22 AGG).
Reaktionsstrategien: Die 5 D’s der Intervention
Im zweiten Teil des Workshops ging es um konkrete Handlungsstrategien.
Straßburger stellte die „5 D’s“ der Bystander-Intervention vor:
- Direct – direktes Ansprechen der Situation oder Person
- Delay – verzögert eingreifen, z. B. später nachfragen oder Unterstützung anbieten
- Delegate – Hilfe holen, z. B. bei Vorgesetzten oder Vertrauenspersonen
- Distract – Situation unterbrechen, z. B. durch Ablenkung
- Document – Vorfall dokumentieren, z. B. schriftlich oder per Foto – immer mit Datum, Uhrzeit und Ort
Mehr Sicherheit durch Wissen und Vorbereitung
In der Abschlussrunde wurde ein klares Fazit gezogen: mehr Bewusstsein, mehr Handlungsspielraum, mehr Wissen über eigene Rechte. „Ich wusste nicht, dass sexuelle Belästigung so früh beginnt“, sagte eine Teilnehmerin. „Ab jetzt dokumentiere ich alles, sobald mir etwas komisch vorkommt.“
Der Workshop machte deutlich: Wer seine Rechte kennt und Handlungsoptionen einübt, kann sich selbst und andere besser schützen. Gleichzeitig betonte Straßburger: „Auch wenn ihr nicht reagiert – ihr seid niemals schuld. Ihr handelt so, wie es für euch in dem Moment überhaupt möglich ist oder so, wie es sich am sichersten anfühlt.“
Lilly Kebede