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KI-Tutoren für die Zukunft der Lehre

Vizepräsident für Lehre, Klaus Kreulich, im Interview mit OneTutor-Initiator Alexander Pretschner über die Pilotphase an der HM
08/10/2025
Seit dem Sommersemester 2025 testeten rund 1.000 Studierende und 50 Lehrende an der HM das KI-gestützte Tutoring-System OneTutor. HM-Vizepräsident für Lehre, Prof. Dr. Klaus Kreulich spricht mit Prof. Dr. Alexander Pretschner, Professor für Software und Systems Engineering der TU München und Initiator von OneTutor sowie Direktor des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (BIDT), über Ergebnisse der Pilotphase und Potenziale von KI-Tutoren.
Wie lange dauert es noch, bis die Lehre an der HM durch KI-Tutoren abgelöst wird?
Klaus Kreulich (KK): (lacht) Was für eine Frage! Meine Einschätzung: Das dauert noch sehr lange.
Alexander Pretschner (AP): Das sehe ich auch so. Und Dozentinnen und Dozenten von KI-Tutoren unterstützt, das gibt es ja heute schon.
Was ist eigentlich OneTutor, wie lässt sich das Tool in wenigen Sätzen beschreiben?
AP: OneTutor hat das Ziel, Vorlesungen interaktiver zu gestalten und zugleich auf die individuellen Bedürfnisse der Studierenden zuzuschneiden. Dozierende laden dazu Unterrichtsmaterialien in OneTutor hoch. Dann können Studierende per Chat Fragen zum Material stellen und bekommen Antworten, die präzise auf ihre Vorlesung zugeschnitten sind. Dozierende können außerdem Multiple-Choice- und Freitextfragen sowie Musterantworten generieren lassen. Deren Qualität zu überprüfen, geht natürlich schneller als selbst 100 Fragen und Antworten zu erstellen! Außerdem sehen wir Dozierende, welche Fragen gestellt wurden und wo es Schwierigkeiten gab – natürlich anonymisiert.

Wie haben die Lehrenden und Studierenden dieses Angebot im Pilotsemester an der HM angenommen?
KK: Mit Neugierde, Applaus und gesunder Skepsis. In unserer Evaluation wird sehr deutlich, wieviel Mehrwert die KI aus einem bestehenden Skript erzeugen kann. Genauso hat sich gezeigt, dass die KI nicht alles allein macht. Der Nutzen für beide Seiten war besonders groß, wenn Lernmaterialien und Prompting-Strategien mit den Studierenden erarbeitet wurden.
Heißt das, wir experimentieren weiter an der HM?
KK: Unbedingt!
Welche Erfahrungen haben Sie als Initiator von OneTutor an anderen Hochschulen gemacht? Wie bewerten Sie die Testphase an der HM?
AP: In unserem groß angelegten Begleitforschungsprojekt „AIffectiveness“ am BIDT sehen wir fast überall identische Muster. Wie gut das System angenommen wird und funktioniert, hängt von mehreren Faktoren ab: zum Beispiel vom Fach, dem Studiensemester oder der „Mathematiklastigkeit“ der Inhalte. Wir wissen: Die Werkzeuge sind mittlerweile gut genug. Jetzt müssen wir verstehen, worin noch Verbesserungspotenzial besteht – und wo ihr Einsatz vielleicht keine gute Idee ist. An der HM war das strukturierte und professionell organisierte Onboarding sicherlich ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Testphase.

Und wie geht es weiter mit KI-Tutorlösungen wie OneTutor? Welche Funktionalitäten kommen in den nächsten Semestern dazu?
AP: Es kommen vermutlich Fortschritte im User Interface: Es kann mit Sprache, Handschriften und Skizzen gearbeitet werden. Und es wird sicher Verbesserungen bei der Interpretation nichtsprachlicher Unterrichtsmaterialien wie Grafiken geben. Studierende bekommen weitere Interaktionsmöglichkeiten in OneTutor, Dozierende eine noch stärkere Automatisierung und Rückkopplung, also unmittelbares, anonymisiertes Feedback über den Lernfortschritt der Studierenden.
Was bedeutet das für die HM? Werden wir diese Entwicklung mitmachen und befördern?
KK: Die Studierenden drängen zurecht auf den Einsatz von KI-Tools. Viele Lehrende experimentieren bereits damit. Mit unserem neuen Förderprojekt „BauwerK! – Mit und über KI lernen und lehren“ zielen wir auf den hochschulweiten kompetenten Einsatz von KI. KI-Tutoren werden dabei eine große Rolle spielen.
Wie sieht Ihrer Meinung nach ein Blick in die Zukunft aus? Wird KI irgendwann alle Lehrangebote übernehmen?
KK: Die KI darf sehr gerne das Lernen und Lehren besser machen. Studieren ist aber zu einem ganz großen Teil bestimmt durch soziales Miteinander. Der Campus der HM ist ein wunderbarer Ort dafür.
AP: Da kann ich nur zustimmen. OneTutor ist nicht angetreten, um Hochschulen abzuschaffen. Wir denken viel mehr darüber nach, wie KI-Tutoren in Präsenzveranstaltungen integriert werden können.
Das Interview führte Constance Schölch.