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Master Forum Tourismus

Volle Kraft voraus! Kreuzfahrtschiffe erobern die Weltmeere - Ist das grüne Gewissen auch mit an Bord?
12/05/2014
Die Kreuzfahrtbranche zeigt nach wie vor ein rasantes Wachstum, allerdings gelten die Schiffe aufgrund ihrer hohen Emissionen als Umweltsünder. Die drei geladenen Referenten des Master Forums Tourismus im April gaben einen Einblick in die Problematik, aber auch in die bislang erzielte Entwicklung bezüglich der Nachhaltigkeit auf See und formulierten Einschätzungen für die Zukunft:
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Helge Grammerstorf, Direktor bei der CLIA Deutschland, beleuchtete die Entwicklung der Kreuzfahrtindustrie über die vergangenen Jahrzehnte. Er zeigte dass sich das homogene Produkt Hochseekreuzfahrt, wie es in den 1990ern noch existierte, in den letzten Jahren zu einer vielfältigen und facettenreichen Angebotspalette entwickelt hat. Die hohe Mobilität bezüglich Klima und Nachfrage sowie die Unempfindlichkeit gegenüber politischen Krisen an den Destinationen seien große Vorteile der Branche. Kreuzfahrtreisen machen eines der am stärksten wachsenden Tourismussegmente in den nächsten fünf Jahren aus, mit einem Zuwachs an Bettenkapazitäten von 17,1%. Als eine der größten Herausforderungen der Industrie gilt die ökologische Nachhaltigkeit - vor allem der Versuch, Emissionen zu reduzieren und dabei trotzdem die Effizienz zu erhöhen. Positiv bewertet Grammerstorf, dass der Treibstoffverbrauch pro Person in den letzten 20 Jahren bereits um 70% reduziert werden konnte.

Thomas P. Illes, Kreuzfahrtanalyst, Dozent und Fachjournalist, betonte, dass nur etwa 0,5% der Schiffe auf hoher See wirklich Kreuzfahrtschiffe seien. Da solche Reisen als reine Freizeitbeschäftigung gälten, werde von der Öffentlichkeit eher erwartet, dass diese umweltfreundlich sind, als zum Beispiel beim Transport von Gütern via Seeweg. Zwei Gästegruppen seien bei Kreuzfahrt-Reisen zu unterscheiden: diejenigen, die Wert auf Nachhaltigkeit legen, oft Kreuzfahrt-Neukunden, und diejenigen, die diesen Aspekt gerne unbeachtet lassen. Auf diese Situation stellen sich viele Redereien ein und bieten unterschiedliche Schiffe zur Auswahl. Vor allem in Deutschland sei es schwierig neue Schiffe zu bauen und dabei den Umweltaspekt außer Acht zu lassen, da die Bevölkerung diesem Thema mehr Bedeutung beimesse. Der Umweltaspekt spiele vor allem bezüglich Image und Branding eines Kreuzfahrtunternehmens eine große Rolle.
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In der Diskussion: Nachhaltigkeit und soziale Aspekte
In der anschließenden Diskussionsrunde kamen nicht nur das Thema Nachhaltigkeit, sondern auch soziale Aspekte wie Arbeitsbedingungen an Bord und Flusskreuzfahrten zur Sprache. Dabei wurde vor allem klar, dass langfristig die Verbraucherinnen und Verbraucher gefragt sind, um einen akzeptablen Zustand und eine gerechte Bezahlung für die Crew an Bord sicherzustellen. Die Referenten machten deutlich, dass sich viele Unternehmen bereits des Themas Nachhaltigkeit angenommen haben: große Reedereien veröffentlichen jährliche Umweltberichte oder schicken Umweltoffiziere mit auf Reisen.
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Trotz Interesse sind KundInnen nicht immer dazu bereit, für ein nachhaltiges Produkt auch entsprechend mehr zu zahlen. Ziel wäre es daher, Nachhaltigkeit auch zu einem günstigen Preis anzubieten. Ökologische Konzepte sind aber derzeit immer noch mit großen Investitionen auf Unternehmensseite verbunden. Als Vorbild für Nachhaltigkeit könnten in Zukunft Fährschiffe dienen - sie bewegen sich häufiger in ECA-Gebieten und sind daher dazu gezwungen, umweltfreundlichere Technologien wie Gasantrieb einzusetzen.
Simone Wierlemann & Kristina Gerstenberger/dt