"Mini-Games" zu psychologischen Aspekten der Klimakrise
Sozialwissenschaften
Obwohl wir wissen, dass Handeln bzgl. der Klimakrise angesagt ist, passiert zu wenig. Warum dies so ist, liegt auch an psychologischen Fallstricken, die uns vom Handeln abhalten. Diese werden durch die Mini-Games erfahrbar gemacht.
Projektbeschreibung
Ausgangslage
Trotz der breiten Besorgtheit über die Klimakrise, die in repräsentativen Umfragen immerhin auf Platz fünf derdrängensten Herausforderungen unserer Zeit steht (bmuv.bund 2023), und eines wissenschaftlichen Konsenses (Oreskes, 2004) über die Ursachen, passiert relativ wenig Konkretes, um diese aufzuhalten. Neben politischen Entscheidungen braucht es ein Umdenken der Einzelnen, um den Klimawandel einzudämmen. Getreu dem Motto: „Du bist nicht die Ursache des Problems, aber du kannst Teil der Lösung sein.”
Ziel des Projekts
Das Projekt Mini-Games zielt darauf ab, Studierende über die psychologischen Aspekte aufzuklären, die ein klimafreundliches Verhalten verhindern können. Zu diesen zählen beispielsweise die psychologische Distanz, das Gefühl der Überforderung oder das Klimavertrauen. Hierfür wurden verschiedene Mini-Games entwickelt, die diese Aspekte spielerisch erlebbar machen. Der erste Schritt zur Verhaltensänderung ist Wissen, ein Grundgedanke, der in Modellen wie dem Information-Motivation-Behavioral Skills Model (IMBS; Fisher, 2009) und Umweltverhaltensmodellen (Hunecke, 2022) verankert ist. Die Mini-Games verknüpfen Wissen mit Emotionen und persönlichen Erfahrungen, um nachhaltige Verhaltensänderungen anzustoßen.
Umsetzung
Die Mini-Games vermitteln Informationen spielerisch und verknüpfen sie mit Emotionen und persönlichen Erfahrungen. Die Spiele werden über QR-Codes auf mobilen Endgeräten aufgerufen und können von den Studierenden selbstständig gespielt werden. Anschließend sollen sie mithilfe von Themenkarten und Spielerklärungen herausfinden, welcher Aspekt im jeweiligen Spiel dargestellt wird. Auf der Rückseite der Infokarten zum Spiel erfahren die Studierenden mehr zum Hintergrund der dargestellten Aspekte.
Einbettung
Die Mini-Games sind eingebettet in ein umfassendes Lernkonzept mit grundlegenden Informationen zum Klimawandel, ein Energiewendelabor und Thesenkarten, die zur Diskussion anregen. Im Energiewendelabor können die Studierenden verschiedene Energiegewinnungsformen durch technische Versuche selbst ausprobieren.
Finanzierung und Unterstützung
Das Projekt wird über die High Tech Agenda Bayern finanziert und ist Teil der interdisziplinären DGT4F Lehr-Innovationsgruppe der Hochschule München.
Vier Beispiel-Games zum Selbsttesten
Genre: Präzisions-Plattformer
Online hier verfügbar.
Dauer des Spiels: max. 30 Sekunden (durch Timer begrenzt)
Fokus: Frustration, Überforderung, Zeitdruck
Dieses Spiel soll die psychologischen Herausforderungen verdeutlichen, die viele Menschen im Angesicht des Klimawandels erleben. Auf der einen Seite fühlen sich viele Menschen überfordert, da sie die Gefahr spüren, aber nicht wissen, wo sie aktiv werden können. Jede Anstrengung erscheint angesichts der Überforderung sinnlos. Auf der anderen Seite fühlen sich Menschen auch durch die Maßnahmen gegen den Klimawandel überfordert. Das Spiel symbolisiert diese Überforderung und den scheinbaren Mangel an Fortschritt, indem es den Spielenden eine unlösbare Aufgabe stellt und sie immer wieder an den Anfang zurückversetzt.
Genre: Breakout- Game
Online hier verfügbar
Fokus: Meditative Spielmechanik, fokussiertes Spiel, Vertrauen
Dieses Spiel symbolisiert das Konzept des Klimavertrauens. Im Hintergrund scheint alles in Ordnung zu sein, so wie es immer war. Wir haben ein grundlegendes Vertrauen in die Stabilität des Klimas und betrachten extreme Wetterereignisse als Ausnahmen. Dieses Vertrauen führt oft dazu, dass Maßnahmen zum Klimaschutz als übertrieben wahrgenommen werden. Das Spiel verdeutlicht, wie die Spielenden sich auf ihre unmittelbaren Ziele konzentrieren und die Veränderungen im Hintergrund ignorieren, und darauf vertrauen, dass alles gut wird.
Genre: Plattformer
Online hier verfügbar
Fokus: Ablenkung von der Hauptquest
Dieses Spiel verdeutlicht das Prinzip der psychologischen Distanz. Aktuelle Herausforderungen werden als dringlicher wahrgenommen als gefühlt weit entfernte Probleme. Die Bewältigung alltäglicher Aufgaben ist oft so fordernd, dass globale Krisen wie die Klimaerwärmung in den Hintergrund geraten. Die Spielenden sind zu sehr abgelenkt, um auch noch Energie in diese vermeintlich weit entfernten Probleme zu investieren. Das Spiel zeigt, wie leicht es ist, sich auf unmittelbare, greifbare Ziele zu konzentrieren und dabei das größere, wichtigere Ziel aus den Augen zu verlieren.
Genre: Top-Down Spiel
Online hier verfügbar
Fokus: Wohlfühlathmosphäre, trügerische Belohnung
Dieses Spiel verdeutlicht den Single Action Bias. Dieser bedeutet, dass, nachdem eine „gute“ Handlung fürs Klima erledigt wurde, innerlich der Klimaschutz als „erledigt“ abhakt wird. Nach dem Motto: „Ich habe ja Bio-Kaffee gekauft, dann kann ich auch Auto fahren.“ Dies führt dazu, dass wir kleine alltägliche Handlungen höher bewerten als die Gesamtbilanz unseres Beitrages zum Klimaschutz. Das Spiel zeigt, wie leicht es ist, sich durch eine einzelne gute Tat in Sicherheit zu wiegen und dadurch die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zu unterschätzen.
Teammitglieder
Vitolini Nadini, Eva Lipelt und die Lehrinnovationsgruppe DGT4F
FK 11 - Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften
Teil der Lehrinnovationsgruppe DGT4F . Energiewendelab
High Tech Agenda Bayern
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) (2022). Umweltbewusstsein in Deutschland 2022 Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage (online hier abrufbar, zuletzt aufgerufen am 14.10.24).
W. Fisher, J. Fisher, J. Harman (2009). The Information‐Motivation‐Behavioral Skills Model: A General Social Psychological Approach to Understanding and Promoting Health Behavior. 10.1002/9780470753552.ch4.
M. Hunecke (2022). Psychologie und Klimakrise: Psychologische Erkenntnisse zum klimabezogenen Verhalten und Erleben. Springer Berlin Heidelberg.
N. Oreskes (2004) The Scientific Consensus on Climate Change. Science306,1686-1686(2004).DOI:10.1126/science.1103618.