Ein Blick in die Lehre
Generative KI
Prof. Dr. Katja Stoppenbrink
Wie nutzen Sie KI-Anwendungen derzeit bei der Planung Ihrer Lehrveranstaltungen?
Katja Stoppenbrink: „Generative KI kann (nicht nur, aber eben auch) in der Lehre eine großartige Inspirationsquelle sein. Die passenden Fragestellungen (prompts) vorausgesetzt lässt sich ein Seminarplan für ein ganzes Semester oder eine einzelne Unterrichtseinheit unterstützt von der KI erstellen. Auch einzelne Textinputs oder Aufgabenstellungen für Studierende können von der KI unterstützt verfasst werden. Ich nutze generative KI – und zwar unterschiedliche Angebote in Kombination, nicht immer nur z.B. ChatGPT – als Ideengeberin einerseits, andererseits aber auch zur eigenen Überprüfung, weil es sein kann, dass ich selbst wichtige Aspekte eines Themas übersehen habe, die aber unbedingt zur Sprache kommen sollten. Die KI kann also mehrere Funktionen erfüllen; sie kann Inputs, aber auch Feedback geben.“
Wo sehen Sie Chancen und Risiken von Generativer KI?
Katja Stoppenbrink: „Bei alledem ist wichtig, dass mir die jeweils aktuellen Grenzen der KI klar sind. In Bereichen, in denen ich eigene Expertise habe, kann ich halbwegs überblicken, wann ich unvollständige, unwahre oder einfach nur irreführende Angaben von einer KI bekomme. In Bereichen, in denen ich nur über Laienwissen verfüge, bin ich der KI ausgeliefert, wenn ich nicht mit einer gehörigen Portion Skepsis und Zurückhaltung an die generierten Antworten herangehe und ähnlich wie im Qualitätsjournalismus meine Quellen prüfe und gegenchecke. Wenn es nur um neue Ideen geht, nicht um wissenschaftliche Präzision, kann generative KI gegenwärtig schon die Funktion eines „extended mind“ wahrnehmen. Das sollten wir als Chance und Bereicherung begreifen. Wir müssen dringend auch mit unseren Studierenden über diese Fragen, die Möglichkeiten und Risiken der Nutzung generativer KI, sprechen. Die alte Forderung nach Medienethik in der (Hoch-)Schulbildung erhält so eine ganz neue Bedeutung – und zwar sowohl neue Inhalte als auch eine ganz neue Tragweite. Was KI-gestützte Prüfungen angeht, so muss uns klar sein, dass wir es am Ende bei Noten und Zeugnissen mit Verwaltungsakten zu tun haben. Es wird diskutiert, ob es nicht so etwas wie ein Recht auf eine menschliche Letztentscheidung im Rahmen von wichtigen, in das Leben von Menschen eingreifenden Verfahren wie Bewerbungen, Kreditvergaben oder eben auch Abschlussprüfungen geben sollte.“
Prof. Dr. Katja Stoppenbrink ist Professorin an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften. Ihre Lehrgebiete umfassen Ethik, Angewandte Ethik, Teilhabe und Inklusion, Professionalisierung und Forschungsethik, Philosophische Grundlagen von Bildung und Erziehung, Recht.