Wie verleiten Trading Apps zum Zocken?
Trading Apps machen den Wertpapierhandel für alle einfacher – oft mit bunten Animationen oder niedrigen Gebühren. Das kann besonders jüngere und unerfahrenere Nutzerinnen und Nutzer zu impulsivem Handeln verleiten. Wer Trading Apps nutzt, handelt tendenziell risikofreudiger und häufiger als andere Anlegerinnen und Anleger und verfügt im Durchschnitt über geringeres Finanzwissen.
Dazu forschen HM-Professorin Dr. Silja Grawert und HM-Alumnus Dr. Jonas Freibauer von der Fakultät für Mathematik und Informatik.
Trading Apps wie Trade Republic oder Scalable Capital boomen seit einigen Jahren. Was hat Sie motiviert, diese Entwicklung wissenschaftlich zu untersuchen?
Freibauer: Wir wollten verstehen, wie diese neue Form des Investierens das Verhalten von Privatanlegerinnen und -anlegern langfristig verändern. Trading Apps sind leicht zugänglich, gebührenarm und oft spielerisch gestaltet – das senkt die Einstiegshürden, kann aber auch dazu führen, dass Menschen investieren, ohne die Risiken wirklich zu überblicken.
Was unterscheidet Trading Apps-Nutzende konkret von klassischen Online-Anlegerinnen und Online-Anlegern?
Grawert: Unsere Daten zeigen: Nutzerinnen und Nutzer von Trading Apps sind im Durchschnitt jünger, handeln häufiger und gehen größere Risiken ein. Interessant ist, dass ihr Wissen über Finanzmärkte zwar mit der Zeit zunimmt, insgesamt aber niedrig bleibt. Nur sieben Prozent gaben an, zu wissen, wie das Geschäftsmodell der App funktioniert.
Freibauer: Gleichzeitig steigt mit der Zeit ihre Risikobereitschaft – eine Kombination, die problematisch sein kann. Wer viel handelt, erzielt langfristig oft niedrigere Renditen, weil mehr Gebühren das Ergebnis schmälern können.
Sind Trading Apps vor allem ein Risiko oder steckt darin auch eine Chance?
Grawert: Beides. Sie haben das Potenzial, mehr Menschen an den Kapitalmarkt heranzuführen und damit langfristig auch zur Altersvorsorge beizutragen. Wichtig ist aber, dass Nutzende durch Lernangebote und Testversionen sicherer im Umgang mit Geldanlagen werden. Nur wenn Wissen und Erfahrung mitwachsen, kann das Investieren über Apps wirklich nachhaltig wirken.
Was bedeutet das für die Finanzbildung der Menschen in Deutschland?
Freibauer: Trading Apps sind ein Spiegel dafür, dass viele Menschen sich erstmals mit dem Thema Geldanlage beschäftigen. Das ist grundsätzlich positiv. Aber ohne begleitende Finanzbildung kann aus Motivation schnell Frustration werden. Deshalb sollten Finanzdienstleister und Bildungseinrichtungen gemeinsam Wege finden, wie Wissen und Praxis sinnvoll verknüpft werden können.
Studie: Freibauer, J., Grawert, S., & Rieger, M. O. (2024). The effects of trading apps on investment behavior over time. The European Journal of Finance, 1–25. DOI: 10.1080/1351847X.2024.2401604