Kann man Demokratie reparieren?
Das Projekt RePair Democracy hat mit dem „Demokratiecafé“ ein Format entwickelt, in dem Bürger:innen ihre Anliegen für ein gutes Leben im Viertel einbringen und bearbeiten können. So können sie konkrete Ideen entweder direkt umsetzen oder an die kommunale Politik herantragen – eine soziale Innovation, die Partizipation ermöglicht und Demokratie „repariert“.
Zu diesem Thema forschten HM-Professor Gerald Beck von der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften und Dr. Robert Jende, der mittlerweile bei der anstiftung arbeitet.
Was für ein Konzept steckt denn hinter den Demokratiecafés? Was genau kann man sich darunter vorstellen?
Beck: Die Idee der Demokratiecafés lehnt sich an das Konzept der Repaircafés an, eben nur in Bezug auf Demokratie. Anstatt ein defektes Gerät mit in ein Repaircafé zu nehmen und es mit dem passenden Reparateur und gemeinschaftlich genutztem Werkzeug wieder in Stand zu setzen, bringen die Menschen ihre Anliegen aus der Nachbarschaft ins Demokratiecafé und suchen gemeinsam einen Weg, diese umzusetzen. Dabei schaffen wir eine Anlaufstelle, um den unmittelbaren Lebensraum gemeinsam zu gestalten und in anderer Form an Demokratie teilzuhaben als nur über Wahlen.
Welche konkreten Anliegen bringen die Teilnehmer:innen in die Demokratiecafés ein?
Jende: Mobilität ist oft ein Thema, meist gibt es zu viel Platz für Autos und zu wenig Grün im Stadtviertel. Die Teilnehmer:innen zeigen aber auch ein großes Interesse an generationsübergreifendem Zusammenleben und wie sich das gestalten und umsetzen lässt. Außerdem ist Demokratie selbst häufig ein Anliegen, im Sinn von konkreter Beteiligung am Geschehen im eigenen Quartier.
Wie trägt die Idee der Demokratiecafés dazu bei, Demokratie stärker "bottom up" zu gestalten?
Jende: Durch die „selbstgemachte“ Demokratie im Quartier wird die Co-Kreation zwischen Bürgeri:nnen zum Kern der Demokratie. Die Demokratiecafés bieten eine Plattform, auf der die Menschen gemeinsam an der Gestaltung ihres unmittelbaren Lebensraums teilnehmen können. Damit tragen sie dazu bei, Demokratie auf lokaler Ebene zu beleben. Wichtig ist, dass alle Menschen dort Gehör finden, losgelöst von Herkunft, Besitz, Religionszugehörigkeit, Alter oder Wahlerlaubnis.
Wie soll es mit den Demokratiecafés weitergehen? Was sind Ihre Ziele?
Beck: Eigentlich ging das Projekt ja bereits im Dezember 2022 zu Ende, aber in seiner konkreten Umsetzung, die wir als HM auch weiterhin begleiten, nimmt es jetzt erst Fahrt auf. Über die Internetseite des Netzwerks stellen wir Infomaterial und Anleitungen zur Verfügung: www.demokratiecafe.de. Darunter auch ein Toolkit für interessierte Initiator:innen – eine Art schriftliche Praxisanleitung. Durch eine deutschlandweite Vernetzung sollen die Strukturen weiterentwickelt werden und die einzelnen Demokratiecafés von- und miteinander lernen.
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