Kann Kleidung deine Muskeln steuern?
Ja! So wie T-Shirts farbig bedruckt werden, ist es möglich, auch Sensoren mit Textildruck in Sportkleidung wie Leggins zu drucken. Diese erkennen Muskelprobleme und reagieren, indem sie die Muskeln gezielt mit Stromimpulsen stimulieren und trainieren. So gibt es bald Kleidung, die dich beim Laufen unterstützt oder Schmerzen lindert.
Diese Innovation entwickelte HM-Absolventin und Gründerin Maria Neugschwender an der Fakultät für Technische Systeme, Prozesse und Kommunikation.
Was kam zuerst: Die Idee zu gründen oder die Idee von druckbaren Sensoren auf Kleidung, die einfach umgesetzt werden wollte?
Auf jeden Fall die Idee der druckbaren Sensoren. Gründen war damals nicht einmal in meinen Gedanken. Das kam mir zu groß vor: Aber zu versuchen, ob die Idee der druckbaren Sensoren funktionieren könnte, hat mich angetrieben. Um die Prototypen umsetzen zu können, brauchte ich Unterstützung. Um diese zu bekommen, musste man nicht nur zeigen, dass es funktioniert, sondern auch, dass ein gesellschaftlicher und kommerzieller Sinn dahintersteht. So entstand dann langsam das Konstrukt der Firma Noxon und der Gedanke zu gründen war auch nicht mehr so weit weg wie zuvor.
Wie bist du auf die Idee gekommen, intelligente Kleidung mit Sensoren zu entwickeln, und welche Inspiration steckte dahinter?
Durch eigene Rückenschmerzen und meiner Leidenschaft für Statistiken und Daten suchte ich nach Wegen, detailliertere Informationen über meine Beschwerden zu erhalten. Mein Wissen über Drucktechnologie schien mir ein potenzielles Werkzeug. Nach Recherchen stieß ich auf die sogenannte Elektromyographie-Technik, EMG, zur Messung der Muskelaktivität. Ich vertiefte mich in die Materie und prüfte, ob es möglich wäre, diese Technik mithilfe von Drucktechnologien in Kleidung zu integrieren, sodass man sie über längere Zeit am Körper tragen kann. So entstand die Idee von Noxon und wohl eins der größten akademischen Abenteuer meines Lebens.
Für Dein Projekt brauchtest Du Wissen aus unterschiedlichen Fachbereichen wie Medizin, Drucktechnik, Textil. Wie ist es Dir gelungen, an das notwendige Fachwissen zu kommen, um die Idee zum Fliegen zu bringen?
Von Beginn an war mir klar, dass ich ein Team benötigen würde. Also suchte ich in meinem nahen Umfeld, um herauszufinden ob gute Freunde und Bekannte, denen ich vertraue, die erforderlichen Kompetenzen mitbringen. Mit meinem Bruder Marius, Physiker, meinem langjährigen Freund Ka Hou, Elektrotechniker, und der Unterstützung meines damaligen Professors Ulrich Moosheimer als Mentor und Experte in der Drucktechnik, war der technische Aspekt abgedeckt. Gemeinsam pitchten wir unser Projekt vor Experten aus den Bereichen Neurowissenschaften und Textilien, um Feedback und Ratschläge zu erhalten. Dies half uns, schnell zu bestimmen, wie wir die Entwicklung vorantreiben und worauf wir achten sollten.
Was war außer Wissen noch nötig, um Deine Idee voranzutreiben?
Erfolg zu 100 Prozent vorherzusagen. Man kann nur die Produktidee bestmöglich evaluieren, und wenn alle Indikatoren positiv sind, muss man darauf vertrauen, dass man verbleibende Risiken auch in Zukunft meistern kann. Das gehört zum unternehmerischen Wagnis dazu.
Welche Herausforderungen gab und gibt es bei Dir beim Gründungsprozess? Wie bist du mit diesen umgegangen?
Als ich mit 22 Jahren Noxon gründete, war das anfangs sehr viel für mich. Jeden Tag wurde ich ins kalte Wasser geworfen und traf Entscheidungen, für die ich die volle Verantwortung übernehmen musste. Es war notwendig, sich schnell in neue Themenfelder einzuarbeiten und manchmal Aufgaben abzugeben und anderen zu vertrauen. Ich musste lernen, mit der Verantwortung und dem Stress – auch wenn er oft positiver Natur war – umzugehen. Eine effektive Methode war die Umstrukturierung meines Alltags. Ich nahm mir feste Zeiten am Morgen nur für mich, bestimmte Abende nur für Freunde und plante, wenn möglich, alle Meetings der Woche an bestimmten Tagen. Diese Struktur hat mir enorm geholfen. Seitdem bin ich auch ein Fan von Routinen.
Eine Frau als Gründerin? Worin ticken Deiner Meinung nach Gründerinnen (noch) anders als Gründer?
Ich glaube, Frauen besitzen oft eine besonders feine Wahrnehmung für die Emotionen ihrer Mitmenschen. Dieses Einfühlungsvermögen kann in vielen Situationen, wie Mitarbeiterführung, Verhandlungen oder im Kontakt mit Partnern und Kunden, von Vorteil sein. Die Sensibilität, die häufig eher Frauen als Männern zugeschrieben wird, sehe ich hier definitiv als Stärke. Was mich jedoch in der Vergangenheit beschäftigt hat, ist die Tendenz einiger Frauen, bei Misserfolgen eines Start-ups oder Projekts die Schuld automatisch bei sich selbst zu suchen. Selbstreflexion ist wichtig, aber sich pauschal für Scheitern verantwortlich zu fühlen, ist meistens nicht gerechtfertigt.
Was würdest Du gründungsinteressierten Studierenden als eigenen Erfahrungswert für die Reise zum eigenen Unternehmen weitergeben?
Kommunikation ist der Schlüssel. Reden, reden, reden – das kann zahlreiche Fehler und Zeit sparen. Zum Beispiel habe ich mir Mentoren aus verschiedenen Bereichen gesucht, je nachdem, mit welchen Herausforderungen ich konfrontiert wurde. Viele Fehler hätte ich vermutlich begangen, wenn ich mich zuvor nicht mit anderen ausgetauscht hätte. Deswegen: Netzwerken klingt immer so banal, aber am Schluss ist es wirklich Gold wert.
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